Olympia-Special Teil 2

Blick hinter die Kulissen: Olympische Winterspiele Lake Placid 1980

Die Geschichte „40 Jahre Olympiasieg Annemarie Moser-Pröll“ habt ihr ja bestimm schon gelesen. Heute dürfen wir euch auf eine Reise hinter die Kulissen von den Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid nehmen. Franz Taferner und Max Aichhorn haben uns spannende Geschichten erzählt.

Reise von Kleinarl nach Lake Placid

Und die Speckaffäre des Bürgermeisters

Für viele vom Lake Placid Club Kleinarl ist es die erste Flugreise. Mit dem Reisebus geht es von Kleinarl zum Flughafen in München. Von dort fliegen sie über Frankfurt nach New York. Starke Turbulenzen über dem Atlantik bringen einige Club-Mitglieder ins Schwitzen. Kurt entspannt sich erst, als er sich in die Reihe mit direktem Blick zur beruhigend lächelnden Stewardess sitzen darf.

Angekommen am Flughafen in New York ereignet sich ein kleines Hoppala. Der damalige Bürgermeister von Kleinarl Hias Gwehenberger hat ein Stück köstlich duftenden Bauernspeck im Gepäck. Mmmh. Die Einfuhr von Lebensmitteln in die USA ist aber streng verboten – außer der Fluggast füllt ein umfangreiches Formular aus und unterschreibt dies. Das Formular ist aber nicht an den Bürgermeister gekommen, weil er sich ein Schläfchen im Flieger gegönnt hat. Beim Auschecken macht er dann noch den Fehler, dass er sich bei der kurzen Schlange anstellt. Eine schwarze, fesche Beamtin nimmt ihn in ihr Gewahr und kontrolliert ihn ausgiebig. Die Tatsachen, dass er der Bürgermeister ist und dass er im Flugzeug eingeschlafen ist beeindrucken die Beamtin nicht. Die anderen Club-Mitglieder warten schon lange im gecharterten Bus und sind schon am Überlegen, ob sie den Bürgermeister mit einem Taxi fahren lassen, als er endlich kommt.

Die Sache ist schließlich glimpflich ausgegangen. Nach mehreren Stunden Busfahrt entlang des Highways ist vorerst Endstation. Der Checkpoint vor dem Olympiaort wird aber erst am Morgen wieder geöffnet. In der Nacht gibt es daher für den Club kein Durchkommen, sie müssen auf den nächsten Morgen warten.

Austrian-House Nr. 1

In der Unterkunft angekommen, bereiten die Club-Mitglieder sofort ihr Transparent – also ein weißes Leintuch – aus. Ab sofort heißt das Haus „Kleinarler Hütte“. Am zweiten Leintuch steht „Austria-House Nr. 1“ – das ist eine Anspielung auf das 200 Meter entfernte „Österreich-Haus“, in dem sich Österreich bei diesen Olympischen Spielen offiziell präsentiert.

Das Haus gehört einem Steuerberater, der sich während der Olympischen Spiele zurückgezogen hat und mit der Vermietung gutes Geld verdienen möchte. Nach zwei Tagen suchen die Club-Mitglieder die Waschmaschine im Keller und finden den Steuerberater. Bill kriecht aus einem Winkel hervor – er haust dort auf einer Matratze.

Olympisches Feuer brennt, Film aus

Als ersten Höhepunkt haben die Club-Mitglieder die Eröffnungsfeier am zugefrorenen Lake Mirror im Visier. Annemarie Moser-Pröll trägt dabei die österreichische Fahne. Die Club-Mitglieder haben ihr eigenes Kamerateam dabei und als der US-Eisschnellläufer den Olympischen Eid schwört und das Olympische Feuer entzündet, ist der Film aus. Naja, ist ja kein Problem. Das Feuer brennt eh noch weitere 14 Tage, da kommt das Filmteam einfach noch mal her…

Die Club-Mitglieder werden aufgrund ihrer gemeinsamen Kleidung immer wieder angesprochen.Besomders interessant scheint dabei, welche Sportart sie ausüben. Stets ist ihre Antwort, dass sie from Austria sind and not from Australia und dass sie die Eisschützenmannschaft sind. Die Amis freuen sich über die klare Auskunft, können jedoch mit dem Sport nichts anfangen.

Neuer Ski, neues Gold

Hausa Schwaighofer verrät ein interessantes Detail: Annemarie Moser-Pröll ist bei ihrer Gold-Fahrt nicht wie im ORF live berichtet mit ihrem „Bleiski“ unterwegs. Sie hat Atomic-Ski unter ihren Füßen, mit denen noch niemand vorher ein Rennen gefahren ist. Dieser Ski hat bei den Tests vor Ort in Lake Placid die Eigenschaft, dass er beim Skifahren immer schneller wird, je kälter es ist. Je näher der Renntag rückt, umso kälter wird es. Für Hausa ist klar, welcher Ski an Annemaries Füße muss.

Er weiht den Atomic-Chef Alois Rohrmoser ein und dieser gibt sein Ok. Jedoch befiehlt er dem Rennbetreuer, ihm die Skier zu bringen. Der Olympia-Ski übernachtet unter dem Hotelbett des Atomic-Chefs. Erst um sechs Uhr morgens darf ihn Hausa wieder holen. Selbstverständlich sind die Rennski nummeriert, daher erkennt Annemarie Moser-Pröll sofort, dass es sich um einen Ski handelt, den sie noch nie gefahren ist. Ihr Kommentar zum Betreuer: „Du traust dich was“. Die nüchterne Antwort darauf ist: „Dein Goldski“. Und ja, es hat sich gelohnt.

Zweites Gold für Kleinarl

Franz gewinnt im „Pin-Changing“

Es entsteht ein regelrechter Wettbewerb um so genannte „Pins“, also es werden wie verrückt diverse Anstecknadeln getauscht. Jedes Land, jede Sportart, viele Sponsoren und Vertreter aus der Wirtschaft haben ihren eigenen Pin. Der Gold-Favorit kommt aus dem Lake Placid Club Kleinarl. Franz Hutter ist der Champion, denn er erhascht sich sogar den Pin von Coca-Cola, der besonders begehrt ist. Und jetzt ratet mal, wie er zu diesem Pin gekommen ist. Genau! Er hat einen Special-Pin dafür getauscht: Einen Stepp-Knopf von seiner Jacke.

Sheriff befiehlt, Taxifahrer fährt

Nach der Gold-Fahrt von Annemarie Moser-Pröll machen sich die Club-Mitglieder auf dem Weg in die „Kleinarler Hütte“. Es haben aber nur 5 bis 6 Mann im Mietauto Platz. Die anderen fahren einfach wieder mit dem Bus retour. Einfach? Nein. Geschätzt 10.000 Menschen haben die gleiche Idee. Die Schlange ist riesig und so kommen die Herren sicher nicht rechtzeitig zum Vorbereiten der Siegesfeier nachhause. Kurzerhand erzählen sie ihr Anliegen dem Sheriff, welcher Trainer:innen, offizielle Betreuer:innen und Olympia-Mitarbeiter:innen am Parkplatz betreut.

Jetzt passiert etwas Unglaubliches: Der Sheriff stoppt das erste Auto und befiehlt dem Fahrer die Horde nach Lake Placid zu bringen. Der Einwand des Fahrers, dass er in die andere Richtung am Weg ist nützt nichts. Während der Fahrt stellt sich heraus, dass der Fahrer ein gebürtiger Vorarlberger ist und in Kanada ein erfolgreiches Helicopter-Skiing-Unternehmen führt. Er hat bei den Olympischen Spielen eine führende Rolle als Streckenfunktionär inne.

2 Königinnen auf einem Tisch

Über die hungrige Horde Journalisten und Journalistinnen haben wir ja im letzten Beitrag schon berichtet. So kommt es, dass Atomic-Chef Alois Rohrmoser den Lake Placid Club Kleinarl und Annemarie Moser-Pröll ins Schweizerhaus einlädt. Schnell nagelt Franz Quehenberger die Club-Fahne auf das ganz in Holz gehaltene Restaurant. Geschimpft werden sie zwar nicht, eine positive Einstimmung sieht aber anders aus. Am Nebentisch diniert die schwedische Königin Sylvia. Die Club-Mitglieder speisen somit mit 2 Königinnen. Einer richtigen und der Skikönigin aus Kleinarl.

Austria-TV direkt an der Sprungschanze

Die stressigen Tage sind vorbei. Jetzt besucht der Lake Placid Club Kleinarl viele Olympische Bewerbe. Nachdem Annemarie Moser-Pröll beim Slalom im ersten Durchgang ausscheidet, macht sich der Club auf dem Weg zum Skispringen. Sie waren spät dran, wollten trotzdem weit nach vorne. Max und Herbert stapfen mit ihrer Kamera und dem riesigen Akku voran. Beim Checkpoint geben Sie sich als „Austrian TV Team“ aus. Und wieder klappt alles wunderbar. Die beiden stehen im Zielraum und filmen Hubert Neuper bei seinem Sprung zur Silbermedaille.

Auch beim Herren-Slalom ist das Filmteam am Start. Es ist bitterkalt. Daher spielt die Kamera nicht mit. Am Ende des Starterfeldes kommt ein Chinese, der sich im Stemmpflug durch den Kurs quält. „Den filme ich auch, das gehört zu Olympia dazu“, entscheidet Sepp Steinbichler. „Genau“, pflichtet ihm Steff bei. Als der Asiate über die Ziellinie fährt, ist bei ihm der Filmstreifen aus. Sein Kommentar: „Siagst, hätt` i in da Fruah filmen können, hätte ich den Chinesen jetzt nicht mehr drauf!“